Legasthenietraining mit Kindern nicht-deutscher Muttersprache

Das Erlernen einer Fremdsprache stellt ein legasthenes Kind vor besondere Herausforderungen. Auch legasthene Kinder, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, haben Schwierigkeiten mit der Zweitsprache.

Im Vorschulalter erlernen Kinder neben ihrer Muttersprache leicht auch eine Fremd- bzw. eine zweite Sprache. Diese Fähigkeit festigt sich vor allem dann, wenn ein Elternteil mit dem Kind in seiner Sprache, das andere Elternteil in der zweiten Sprache spricht. Deshalb wird oft schon im Kindergarten eine Fremdsprache angeboten, um diese natürliche Fähigkeit der Kinder zu nutzen. Die Kinder können dann scheinbar mühelos von der einen zur anderen Sprache wechseln. Für ein durchschnittlich begabtes Kind kann dieser Wechsel zudem dessen kognitiven Fähigkeiten fördern. Doch wie gehen legasthene Kinder mit Zweisprachigkeit um?

Englischunterricht mit legasthenen Kindern

In ihrer Dissertation mit dem Titel Zum Umgang mit Legasthenikern im frühen Englischunterricht (Braunschweig 2015) hat Tanja Seidelmann die folgenden Kompetenzen im Fremdsprachenerwerb definiert: Die Kinder entwickeln analytische Fähigkeiten, um die formalen Strukturen der Fremdsprache zu verstehen, darüber hinaus meta-kognitive Fähigkeiten zur Eigenkorrektur und Fehleranalyse, schließlich trainieren sie ihr Gedächtnis. Legasthene Kinder, die beispielsweise die Fremdsprache Englisch erlernen, stehen dabei vor einer besonderen Herausforderung: Während wir im Deutschen 46 Laute und 77 Buchstabenkombinationen kennen, verwendet der Englischsprechende 44 Laute, aber 1.120 Buchstabenkombinationen. Das Training der phonologischen Bewusstheit wird damit keinesfalls leichter, wie die folgenden Wortkombinationen zeigen. 

Multisensorisches Lernen

Allein im Englischen gibt es Wörter, die gleich klingen, aber andere Bedeutungen tragen. Solche Wörter zu unterscheiden, fällt einem Legastheniker schwer. Darüber hinaus bereitet die Speicherung neuer Vokabel im Langzeitgedächtnis, das Erkennen von grammatischen Strukturen und die Identifikation fremd klingender Laute große Mühe.

Multisensorisches Lernen

Seidelmann schlägt daher vor, möglichst viele Sinne beim Erlernen der Fremdsprache Englisch einzusetzen, nämlich

  • Einsatz von Wortgebärden
  • Nachzeichnen von Wörtern
  • Einsatz von Wort-Bild-Karten
  • Zeichnungen
  • farbige Hervorhebungen von Vokalen und Konsonanten in Wörtern

Dasselbe gilt auch für legasthene Kinder, deren Muttersprache nicht Deutsch ist. Ihre Legasthenie zeigt sich nicht nur in ihrer Erst-, sondern auch in der Zweitsprache. Möchte man bei einem zweisprachigen Kind eine eventuelle Legasthenie feststellen, überprüft man seine Lese-und/oder Rechtschreibleistungen in der Erstsprache, es sei denn, der Schriftspracherwerb erfolgte in der Zweitsprache.

Welche Erfahrungen haben Sie mit zwei- oder mehrsprachigen Schülerinnen und Schülern gemacht? Welche Probleme sind aufgetaucht? Schreiben Sie in die Kommentar-Box!