Legasthenie-Training oder Deutsch-Nachhilfe?

Wenn Ihr Kind ein Legasthenie-Training besucht, haben Sie sich wahrscheinlich schon manchmal die Frage gestellt, ob denn eine herkömmliche Deutsch-Nachhilfe nicht ausreichend wäre. Nachhilfe-Stunden sind immerhin billiger, Ihr Kind fühlt sich in einer Gruppe mit Mitschülern vielleicht wohler, und endlich werden ausschließlich Rechtschreibung und Grammatik trainiert.

1. Ein Legasthenie-Training ist keine Nachhilfe
Wenn Sie Ihr Kind in ein Legasthenie-Training schicken, dann tun Sie das aus gutem Grund: Ein legasthenes Kind braucht mehr als nur Nachhilfe. Es braucht Unterstützung in bestimmten Bereichen der Sinneswahrnehmung, die im Legasthenie-Training erarbeitet und gefördert werden. Eine Nachhilfe berücksichtigt die gezielte Entwicklung und Ausformung der Sinne nicht. Häufig kennen legasthene Kinder und Jugendliche die Rechtschreib-Regeln in einem Ausmaß, das es ihnen erlaubt, einigermaßen richtig zu schreiben. Doch beim Lesen und Schreiben passieren trotzdem Fehler. Das bedeutet: Die Ursachen für die Fehler liegen nicht (immer) in der mangelnden Kenntnis der Regeln, sondern in der differenten Sinneswahrnehmung Ihres Kindes.

2. Legasthenie-Training erfordert qualifizierte Trainerinnen und Trainer
Damit Ihr Kind genau dort gefördert wird, wo es notwendig ist – nämlich in jenen Fähigkeiten, die eine Nachhilfe nicht abdecken kann – bedarf es einer oder eines Legasthenie-Trainers, der die dafür notwendige Qualifikation erworben hat. Es reicht nicht, sich im Schulfach Deutsch gut auszukennen, sondern auch über jene Bereiche Bescheid zu wissen, die im Fall einer Lese- und Rechtschreibschwäche trainiert werden müssen: Optische, akustische und räumliche Fertigkeiten müssen genauso trainiert werden wie die Aufmerksamkeit und die Konzentration.

3. Einzelunterricht ist besser als Gruppenunterricht
Legasthenie-Trainings werden in der Regel im Einzelunterricht durchgeführt. Das hat den Vorteil, dass sich die/der Trainer/in ausschließlich auf die Stärken und Schwächen Ihres Kindes konzentrieren kann. Darüber hinaus ist Einzeltraining auch deshalb effektiver, weil sich Ihr Kind ausschließlich auf das Training konzentriert und nicht von anderen abgelenkt wird.

4. Ein Legasthenie-Training dauert länger als eine Nachhilfe
Oft stellen sich Verbesserungen in der Lese- und Rechtschreibleistung bei legasthenen Kindern und Jugendlichen nur langsam ein. Manchmal fragen mich Eltern nach der zweiten Stunde, ob man denn schon eine Verbesserung merkt. Meine Antwort darauf: Zeit und Geduld sind notwendig, und man darf sich keine plötzlichen Wunder erwarten. Zwar konnte ich oft auch kurzfristig eine deutliche Verbesserung in der Deutsch-Note herbeiführen, aber das hatte eher mit der gezielten Vorbereitung auf eben diese Deutsch-Schularbeit zu tun. Mitunter zeigen sich erste Erfolge erst nach einem halben Jahr, vielleicht muss auch ein ganzes Jahr vergehen.

Eine „herkömmliche“ Deutsch-Nachhilfe kann also kein Legasthenie-Training ersetzen. Als flankierende Maßnahme ist die Nachhilfe aber sicher geeignet, um Defizite in der Rechtschreibung und der Grammatik auszugleichen.